Die “Ostküste” Kanadas ist vielfältig und gigantisch groß. Wir durchquerten New Brunswick, Nova Scotia, fuhren mit der Fähre zur östlichsten Provinz Kanadas – Neufundland & Labrador (wobei wir Labrador selbst ausließen), durchquerten erneut Nova Scotia und New Brunswick und stoppten auf der kleinsten Provinz Kanadas: Prince Edward Island oder kurz PEI.
Anschließend durchquerten wir die größte aller Provinzen, das französisch sprechende Quebec und erreichten schließlich Ontario mit der Hauptstadt Kanadas: Ottawa. Nach Toronto und einem Besuch bei den touristischen, aber schönen Niagarafällen reisten wir wieder in die USA ein. USA erneut? Warum denn das? Später mehr dazu. Ehrlich ?
Neufundland
Das hatten wir doch schon. Ich. Weiß. Ein paar Worte zu Neufundland möchte ich rückblickend noch verlieren. Die kleine (nicht kleinste) Provinz Kanadas ist anders. Die meisten Kanadier, denen wir auf unseren Reisen begegneten sind, waren noch nie dort. Neufundland, das 1497 vom Italiener Giovanni Caboto (englisch übersetzt John Cabot) entdeckt wurde, folgt nicht der kanadischen Zeit. Und das ganz buchstäblich. Neufundland hat eine eigene Zeitzone, die eine halbe Stunde von der östlichen kanadischen Zeit, abweicht.
Obwohl Neufundland vom Tourismus und dem Fischfang lebt, schein die Insel wenig bis garnicht darauf eingestellt zu sein. Lebensmittel sind teuer und nicht wirklich frisch. Und ich rede hier nicht von Ananas oder frischen Erdbeeren. Hotels, Pensionen oder ähnliches nicht wirklich vertreten. Die öffentlichen Campingplätze sind “gut in Schuss”, sehr basic und natürlich in der Hochsaison völlig überbucht. Treibstoff ist natürlich teuer.
Vielleicht macht gerade das den Charme der Insel aus. Als Reisender fühlt man sich wie auf einer Zeitreise. Zurückversetzt in eine Zeit, in der das Überleben wichtiger war als Luxus. So sucht man schöne Restaurant, bio, glutenfreie, zuckerfreie oder andere “gesunde” Lebensmittel vergebens. Die wenigen “modernen” Einrichtungen, wie das berühmte Hotel auf Fogo Island, ist mit etwa 1000 USD die Nacht für Normalverdiener unbezahlbar.
Die Natur Neufundlands ist atemberaubend. Karge Flächen nur mit Moosen bewachsen wechseln sich mit Wäldern ab, dazwischen überall Wasser, Flüsse, Seen, kleine Bäche und Tümpel und natürlich das Meer, das nie stillzustehen scheint und stets vom Wind in unruhigen, aufgepeitschten, badeunfreundlichen Etwas verwandelt wird. Die unzähligen Blackflies und Horseflies machen ein “Draußen sein” zu einer Mutprobe und einem kleinen Überlebenskampf. Wir haben von vielen Einheimischen gehört, dass Mitte August die kleinen Blutsauger verschwunden sind, doch so recht glauben wollten wir das nicht. Es wäre, als wolle uns jemand weiß machen, dass zu einer bestimmten Jahreszeit keine Menschen in Manhattan am Weg wären.
Nova Scotia
Eine beliebte Ein- und Auswanderregion. Kanadier wandern gerne von hier in den Westen aus und Europäer wandern gerne in diesen Teil Kanadas ein. Ich kann nicht behaupten, dass wir Nova Scotia großartig erkundet hätten, so kann ich nur über den Nord-Osten der Halbinsel – Cape Breton – schreiben.
Die Insel ist wegen ihrer landschaftlichen Schönheit bekannt. Zerklüftete Felsküsten, weite Buchten, enge Täler und dunkle Nadelwälder bedecken diesen Teil Nova Scotias. Der etwa 300km lange Cabot Trail zählt sicherlich zu den schönsten Panorama Straßen Nordamerikas. Wer den Pacific Coast Highway Nr. 1 in Kalifornien schon einmal gefahren ist, erlebt hier landschaftlich wenig Neues. Sehenswert ist die Strecke allemal.
An jeder Ecke von Cape Breton begegnetet man Alexander Graham Bell, den Erfinder des ersten brauchbaren Telefons. Der in Edinburgh geborene Schotte wanderte mit seinen Eltern 1870 nach Kanada aus und verbrachte 33 Jahre lang seine Sommermonate auf Cape Breton.
New Brunswick
Über New Brunswick kann ich nur wenig berichten. Wir haben diese Provinz zwar von Süd nach Nord und von Ost nach West durchquert, doch konnte ich den Charakter dieses Teils Ostkanadas nicht greifen. Einzig interessant ist die Bay of Fundy. Die 30km lange Senke zwischen New Brunswick und Nova Scotia ist etwa 300 Meter tief und bis zu 30 km breit. in der Bay of Fundy konnten wir das Naturschauspiel des größten Gezeitenwechsels der Welt beobachten. Wenn alle 12,5 Stunden der Gezeitenwechsel von Ebbe auf Flut einsetzte, sinkt bzw. steigt das Wasser um durchschnittlich 9 Meter. Wir haben gelesen, dass bei Moncton ein Tidenhub von 21m gemessen wurde.
Prince Edward Island
Seit etwa 20 Jahre ist die kleinste Provinz Kanadas keine Insel mehr. Mit 12,9 km Länge ist die Conferderation Bridge die längste Brücke Kanadas und verbindet die Insel Prince Edward Island mit dem Festland und somit mit der Provinz New Brunswick.
P.E.I. wie die Insel öfter genannt wird ist mit 5500 km2 nicht nur Kanadas kleinste Provinz, sondern auch die am dichtesten bevölkerte ländliche Region und das merkt man. Kaum ein Fleck, der nicht von Menschenhand gezeichnet wurde. Felder, Häuser, Dörfer und noch mehr Felder, umgeben von Meer. Zugegeben sehr schmutziges und überhaupt nicht badefreundliches Meer. Es war äußert interessant inmitten Kanadas Osten eine so dicht besiedelte Region vorzufinden.
Quebec
Quebec ist mit 1,7 Millionen km2 – das ist ungefähr 5mal so groß wie Deutschland – die größte aller kanadischen Provinzen. Mit nur etwa 8 Millionen Menschen ist die durchschnittliche Einwohnerzahl bei etwa 6 pro km2 (230 in Deutschland). Die meisten Menschen in Quebec leben im Süden der Provinz in den urbanen Metropolen wie Montreal und Quebec City. Im Norden, der auch als die schöne Gegend der französisch sprechenden Provinz gilt befinden sich herrliche Seen, die zum Campen, Wandern, Kanufahren einladen. Wären da nicht ebenfalls die fiesen Moskitos, Blackflies und Horseflies.
Besonders hervorzuheben und unser Favorit in dieser Provinz ist Montreal. Die etwa 375 Jahre alte Stadt ist ein Unikat der ostkandischen Provinz. Sie verbindet europäisches mit amerikanischen Großstädten und hat dabei seinen eigenen Charakter entwickelt.
Vieux-Montreal ist die größte Altstadt auf dem nordamerikanischen Kontinent. Wir erlebten die alten, kopfsteingepflasterten Gassen mit den alten sorgfältig und teils aufwändig restaurierten Häusern aus dem 17 und 18 Jahrhundert. Wir genossen einige der unzähligen Straßencafés und Restaurants die allesamt mit bester Qualität aufwarteten.
Quebec City wird als am meisten französische anmutende Stadt Kanadas bezeichnet. An manchen Stellen versucht die Stadt, Paris so stark nachzuahmen, dass sie dabei ihren eigenen Charakter zu verlieren scheint. Für diejenigen die Paris nicht kennen, macht dies allerdings keinen Unterschied ?
Das riesige Chateau Frontenach ist das Wahrzeichen der Stadt und wurde 1892 im Auftrag der Canadian-Pacific-Railway Company errichtet. Das prächtige Fairmont Hotel, das im Chateau untergebracht ist, verfügt heute über 500 Zimmer und mehrere Konferenzräume und wie die meisten Fairmont Hotels mit historischem Interieur und gediegenen Zimmern und Restaurants.
Obwohl die Provinz Quebec – wie ganz Kanada – zweisprachig ist bzw. sein sollte, weiß man hier nichts davon. Frankokanadier zucken meist nur mit den Schultern, murmeln etwas auf Französisch, wenn sie auf Englisch angesprochen werden. Wie in Frankreich ;-). Die Kellner im Restaurant verhalten sich jedoch wie Amerikaner und nicht wie Franzosen. Jeder, der schon einmal die zuvorkommenden Art eines französischen Kellners erleben durfte, weiß was ich meine.
Ontario
Toronto, die 3 Millionen große Hauptstadt der Provinz Ontario ist die größte Stadt Kanadas und nach New York, Chicago, Los Angeles und Mexiko City die fünft größte Stadt Nordamerikas.
Ontario selbst, die zweit größte Provinz Kanadas und mit 14 Millionen Einwohner die dicht besiedeltest. Kensington Market war das klare Highlight für uns. Ein Künstler- und Obdachlosenviertel, dass vermutlich schon bessere Zeiten gesehen hat. Die Anzahl an unterschiedlichsten Menschen, Restaurants, Bars ist überwältigend. Kensington Market scheint auch ein beliebtes Filmset zu sein. Wir stolperten zweimal in ein Filmset. Einmal zur Serie “The Boys” und einmal zu einer Serie an dessen Namen ich mich nicht erinnern kann. Beide Male erkannte man einen Schauspieler.
Baseball
In Toronto besuchten wir unser erstes Baseballspiel. Die einzige Baseball Mannschaft Kanadas, die “Blue Jays”, trat im großen überdachten Roger Station gegen die Minnesota “Twins” an. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie es ausging und vor allem warum. Baseball scheint der wohl langweiligste Ballsport aller Zeiten zu sein. Es ist geradezu einschläfernd, sich auf das Spiel zu konzentrieren.
Viel interessanter ist die soziale Komponente des Sportes. Es wird gelacht, getanzt (kein Witz), geredet, Geschäfte abgeschlossen und ab und zu folgt noch ein kurzer Blick auf das Spiel. Mit einem Hotdog über die Ereignisse der Woche mit seinen Partner zu sprechen oder eine “Vater – Sohn – Zeit” scheint der eigentlich Sinn eines Baseballspiels zu sein.
Die zahlreichen Gänge und Essenstände für Bier und Hotdogs sind ebenfalls ein beliebter Treffpunkt, in deren unzähligen Pausen. Sollte dann noch etwas Aufregendes passieren, so kann dies, an den unzähligen TV Geräten, die alle paar Meter verteilt montiert sind, verfolgt werden.
Ottawa
Ottawa die Hauptstadt Kanadas scheint als solches konzipiert worden zu sein. Das Rideau-Canal-System ist eine Kette mit aneinander verbunden Flüssen und Seen, die sich zwischen Kingston und Ottawa über 202km hinziehen. Das System wurden 1812 konzipiert, als sich die englischen Kolonien vor den Amerikanern bedroht fühlten und der St. Lorenz Strom nicht mehr als ausreichend gesichert schien. Unzählige Schleusen gleichen die unterschiedlichsten Wasser Niveaus aus. Witzig und sehr interessant zu beobachten ist, dass alle Schleusen von Hand vom Parkservice betrieben werden.
Niagara Falls
Wer kennt sie nicht, die Niagara Falls. Diese riesigen Wasserfälle sind Überreste der Eiszeit. Als vor ca. 50.000 Jahren die riesigen Eismassen schmolzen, blieben die “Großen Seen” zwischen Kanada und der USA zurück. Der Niagara River muss zwischen Lake Erie und Lake Ontario einen Höhenunterschied von etwa 110 Meter überwinden. Voila: Niagara Falls.
Die Falls sind besser von der kanadischen Seite als von der US Seite aus zu sehen. Auf beiden Seiten geht es äußerst touristisch zur Sache. Hotels, Ziplines, Casinos, Helikopterrundflüge, Vergnügungsparks, Motorcards, Gondelfahrten, Wanderungen hinter den Fällen, eine Fahrt mit dem Boot hinein in die Gischt der Fälle, Jetboats, Bars, Restaurants, Aussichtstürme und vieles mehr. Am Abend sind die Fälle in allen Farben beleuchtet und es gibt ein Feuerwerk, das sich mit jedem mir bekannten Neujahrs Feuerwerk, messen kann.
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