Road Trip

Das Westkap mit den Augen eines Langzeitreisenden

Ich stellte die himmelblau bemalte, handgetöpferte Kaffeetasse vor mir auf den Boden. Wir sassen auf der betonierten Bank, direkt vor dem Strand von Hout bay. Die Bucht lag ruhig vor uns, nur kleine Wellen brandeten heute an den Strand. Was die “Verrückten”, die jeden Morgen ins eisige Wasser sprangen, schweigsam ertrugen – wie die Kälte des Wassers. Auch blieb der starke Wind aus, der uns schon so oft um diese Zeit, den Sand in Augen und Nase geschleudert hatte. Es war ein ruhiger Start in den Tag und für uns war es an der Zeit, weiterzuziehen. Morgen wären es drei Monate. Drei Monate in Südafrika. Um genauer zu sein, drei Monate im Western Cape (mit einem Road Trip ins Eastern Cape). Die meiste Zeit hatten wir rund um Kapstadt verbracht mit Ausgangspunkt – Hout Bay. Also genau hier.
 
So bleibt uns noch genug Zeit, euch ein paar Worte über die Stadt, das Weinland, der Kap der guten Hoffnung und die Strände zu verlieren – bevor ich den Kaffee fertiggetrunken habe und es für uns zum Flughafen geht. Wohin? Das erfährt ihr auf Instagram, Facebook oder im nächsten Blog.

Das Weinland - Stellenbosch und Franschhoek

Südafrikanischer Wein begleitet mich schon seit ich denken kann. So wie Argentinischer Wein – doch da war ich noch nicht. Ich bin kein Sommelier und so geniesse und berurteile ich den Wein der mir kredenzt wird, nach Stimmung, Umgebung und Gesellschaft. Mehr als die blumige Sprache der “Weinkenner” nutze ich einfache Worte wie “frisch”, “süss” oder Vergleiche wie “nach Litschi” und “wie Flieder”. Aber was weiss ich schon, ich nutze auch “schmeckt nach Pflaster” wenn ich in ein Buchweizenbrot beisse. Der Weinkenner wuerde hier vermutlich “adstringierend” das Gesicht verziehen und das ganz ohne Tannine.
 
Und so kommt es, dass ich den Wein in Südafrika, speziell im Cape Wineland lieben gelernt habe. Die Weinverkostung zeigt sich von der Seite dich ich am liebsten habe. Unkompliziert, mit Musik (meist Live) gutem Essen und noch beeindruckenderem Ambiente. Dass das ganze kein Loch in unseren Geldbeutel schlägt, versüsst das Erlebnis. 
 
Samstag und Sonntag sind die erlebnisreichsten Tage um die Weingüter zu besuchen. Natürlich ist es auch unter der Woche möglich die meisten Weingüter zu besuchen. Die Big Show ist den Wochenenden vorbehalten. Hierzu setzten wir uns ins Auto und steuerten wahllos eines der unzähligen Weingüter in Stellenbosch und Franschock an. Dort wird auf riesigen bewachten Parkplätzen der Wagen abgestellt. Dann gehts zur Sache. Je nach Weingut, werden die unterschiedlichsten Dinge angeboten. Von Imbissen, Restaurants, Picknicks, kleine Kunstmärkte, Kleidermärkte, Livemusik, Kinderspielplätze, Töpferkurse, Weihnachtsgospels (vermutlich nur um Weihnachten 😉) gibt es hier alles. Auch stellt jedes Weingut für Veranstaltungen Hallen, Hütten, Aussenbereiche und Picknikflächen zur Verfügung. Meist für Hochzeiten, aber auch Firmenfeiern und andere Feste. Die Weingüter selbst sind oft in charmanten Gebäuden im kap-holländischen Stil untergebracht, die ein Zeugnis der reichen Geschichte der Region sind.
 
Die Weingüter lassen sich einzeln oder im Verbund auf den unterschiedlichsten Arten erkunden. Mit dem Rad, dem Scooter, dem Pferd, mit einem Weintrolley (eine Strassenbahn auf Rädern) oder ganz speziell mit dem Weinzug in Franschock. Geführt oder selbst gefahren (nicht den Weinzug).
 
Ich bin beeindruckt von der Vielfalt der in Stellenbosch und Franschok produzierten Weine, von den vollmundigen Rotweinen bis zu den frischen und erfrischenden Weißweinen. Mein Liebster ist der Chenin Blanc “shen-nin bla”. Whats not to love? Er ist vielseitig in Stil und Süße und kann sich an eine Vielzahl von Geschmäckern anpassen. Manchmal schmeckt dieser wie “gebuttertes Popcorn”. Das war ein Scherz. Ein “Weinkenner” hat mir erklärt, dass der aus Frankreich stammende Wein manchmal so schmecken kann. Über 50% der weltweiten Produktion findet übrigens in Südafrika statt. 
 
Die Weinregion am Kap ist nicht nur ein Ort, an dem Trauben angebaut werden, sondern auch ein Gebiet, in dem die Geschichte und Kultur Südafrikas gefeiert und bewahrt wird. Viele der Weingüter bieten Führungen an, die den Besuchern die Geschichte der Region und der Menschen, die sie zu dem gemacht haben, was sie heute ist, näher bringen.
 
Ein Besuch in Stellenbosch ringt dem Besucher das Versprechen ab wiederzukommen um noch mehr den köstlichen Wein der Region zu probieren und dessen Geschichte und Kultur zu erkunden. 
 
Noch ein Sicherheitshinweis an dieser Stelle. Seid auf den Strassen rund um das Weingut vorsichtig. Ein äusserst interessantes Verhalten zeigt sich bei den vielen Besuchern die nach den unzähligen Gaumenfreuden der Region mit zuviel Wein ins Auto steigen. Damit meine ich nicht die vielen Kisten Wein, die im Kofferraum verschwinden, sondern mehr die grosse Menge Traubennektar, die von einer Flasche in die andere gekippt wird. Oder kurz: betrunken Auto zu fahren, scheint hier das normalste der Welt zu sein. Darauf angesprochen, antworten unsere Bekannten Paul und Stacy “Es ist viel zu gefährlich hier mit dem Bus zu fahren oder Gott bewahre zu Fuss zu gehen”. Verständnisvoll aber bestimmt, schüttelten wir in absolutem Widerspruch den Kopf.

Nina 👐
Village Markt in Franschhoek
Weingut

"Das Stellenbosch Weinland ist ein Ort, der die Sinne verzaubert - mit seinen herrlichen Weinen, atemberaubenden Landschaften und der herzlichen Gastfreundschaft der Menschen. Hier fühlt man sich wie im Paradies."

Das Kap der guten Hoffnung

Das Kap der guten Hoffnung
Das Kap der guten Hoffnung. Nicht zu verwechseln mit Kap Horn, als die Südspitze von Südamerika. Das mag jetzt lustig klingen, doch das geografische Wissen in dieser Welt ist stark begrenzt. Doch ich bin guter Hoffnung 😉
 
Das Kap der Guten Hoffnung ist eine Landzunge nur etwa eine Autostunde südlich von Kapstadt an der Südspitze von ? – genau – Südafrikas. Es wird gleich für zwei Dinge gehalten, die es nicht ist. Zum einen für den südlichsten Punkt Afrikas und zum zweiten für die Stelle, an der der Atlantische und der Indische Ozean aufeinandertreffen. Beide Dinge treffen auf das über 200km im Osten befindliche Kap Agulhas zu. Doch wen interessierts? Auch die meisten Einheimischen haben keine Ahnung davon. 
 
So oder so, ein Besuch dort, raubte uns den Atem, und das nicht nur wegen der Wanderung bei 30 Grad. Es ist ein kleiner Ort, an dem Mutter Natur ihr Bestes gegeben hat und jemand war so schlau aus dem Gebiet einen National Park zu machen. Leider war dieser “jemand” auch derjenige der 400 Rand Eintritt für einen Tag veranschlagt hat. Genau vier mal so viel für Touristen, als für einheimische Südafrikaner, muss man hier bezahlen. Gelebte Gleichbehandlung 🙂 
 
Nur wenige hundert Meter nach dem Eintritt, wurden wir von einer Herde Bonteboks begrüßt, einer Antilopenart, die in dieser Gegend heimisch ist. Wenig später sahen wir unsere ersten “wild” lebenden Zebras. Sie grasten nicht weit von uns entfernt und waren von unserer Anwesenheit unbeeindruckt.
 
Es folgten mehr Bonteboks, Vögel, Zebras und Straussen. Viele davon am Strand. Das ist schon was, am einsamen Strand schlendern und nur wenige Meter entfernt liegen oder stehen Antilopen herum. Wow. Und dann gibt es noch die Baboons – also Paviane. Gefährliche, gemeine Affen, die um keinen Preis gefüttert werden sollen. Sagt uns ein Schild. Das “gemein” habe ich erfunden. Als mich Nina von einem Hike abholte, sprangen in einer Kurve 30 der lustigen Kreaturen, die mich persönlich an meinen Onkel Max erinnerten, auf Ninas Auto. Ein wunderbares Ereignis, an dem ich nicht teilhaben durfte. Wer geht auch schon bei 30 Grad wandern?
 
Neben den vielen unterschiedlichsten und wunderbaren Tieren hier ist der National Park das kleinste Pflanzenreich der Erde. Es beherbergt 1100 verschiedene Pflanzenarten – viele von ihnen sind in dieser Region endemisch. 1100 auf diesem kleinen Raum. Um das kurz in Relation zu setzen: In dieser kleinen Region, in der man an einem Tag jede Strasse abfahren kann, gibt es mehr Pflanzenarten als in ganz Großbritannien oder Neuseeland.
 
Wir machten natürlich das klassische Foto beim Schild “Cape of good Hope”. Von dort aus gibts einen netten Spazierweg zum alten Leuchtturm. Entlang des Weges lassen sich die besten Aussichten auf das Kap der Guten Hoffnung geniessen. Auch wenn gegen Mittag der Parkplatz um den Leuchtturm schon mit Reisebussen überfüllt war, und Horden von Touristen indischer Herkunft Wege, Toiletten und Aussichtsplätze belagerten, gab es auf dem Spazierweg nur wenig Menschen. Am Weg liegt der Diaz Strand. Weisser Sandstrand, türkises eiskaltes Wasser, umschlossen von steilen Klippen. Es ist der südwestlichste Strand in ganz Afrika. Wir mussten diesen mit niemandem teilen. 
 
Vom Parkplatz des Leuchtturms “hinauf” zum alten Leuchtturm fährt eine Standseilbahn. Die 585 Meter “hinauf” kann man bequem auf einem sehr breiten Weg in wenigen Minuten zurücklegen. Auf dem Weg fanden wir die beste Aussicht auf die Küste. 1860 wurde der Leuchtturm in Betrieb genommen. Wenig später stellten die Erbauer fest, dass durch tief hängende Wolken nur wenige Schiffe das Licht sehen konnten. Also wurde ein neuer Leuchtturm gaaaaanz unten am Meer gebaut. Ein kleiner Pfad (keine Bahn fährt hier) führte uns in etwa 15 Minuten hinunter zu einer weiteren Aussichtsplattform von der aus wir den neuen Leuchtturm bestaunen konnten. 
 
 “Sieht aus, als wären wir am Ende der Welt angekommen, aber was für eine Aussicht!”, sagt ich zu Nina mit Blick nach Süden.
Der südwestlichste Strand in Afrika
Ex-Nachbar
Hey, little Guy
einfach nur schön

"Das Kap der Guten Hoffnung ist ein Ort, der Sehnsüchte weckt und Träume wahr werden lässt. Die raue Schönheit der Natur, das Rauschen des Ozeans und die unendliche Weite des Horizonts sind unvergessliche Erlebnisse, die die Seele berühren."

CapeTown / Kaapstat / Kap stadt

Kapstadt wird als eine der schönsten und aufregendsten Städte der Welt bezeichnet und ist ein Gesamtpaket – wunderschön, einzigartig, abenteuerlich, wagemutig und wahrhaftig einmalig. Mit den offensichtlichen Naturschönheiten wie dem Tafelberg, Clifton, Camps Bay, Cape Point, Chapman’s Peak, den Cape Winelands und SO VIELEM MEHR, ist es nicht schwer zu verstehen, warum. Die einfache Wahrheit ist: Vom ersten Moment an, als wir Fuss in die Mother City setzten, sind wir ihrer Magie erlegen. Um hier Justin Timberlake zu zitieren: Can’t stop the feeling.
 
Eines der besten Dinge an Kapstadt ist, dass es NIE zu wenig zu tun, zu sehen, zu erkunden und zu erleben gibt.
 
Meer? check! Berge? check! Strand? check! Jede Menge außergewöhnlicher Wein? check (siehe oben)! Abenteuer, Nervenkitzel und Aufregung an jeder Ecke? CHECK! Von einem heruntergekommen Drogenabhängigen das Telefon geklaut zu bekommen? Check! Nicht zu vergessen die vielen weltweit bekannten Restaurants, trendigen Hotspots und Dachterrassen, die pulsierende Energie, das reiche Erbe, die Geschichte und die Kultur, das herrliche künstlerische Flair und die kreativen Ausdrucksformen, die weltberühmten Wahrzeichen, die spektakulären Naturwunder, die atemberaubenden Strände (kommt noch), ach ja, und nicht zu vergessen, die Menschen. An dieser Stelle muss ich kurz innehalten und die wunderbaren Menschen die wir hier begegnen durften, revue passieren zu lassen. Moment. Dauert noch. Ahh. Wunderbar.
Da waren wir schon ... woher wusste die das?

Kapstadt die “Mother City”?

Warum Kapstadt die Mother City genannt wird, weiss keiner so genau und jeder hat so seine Theorien. Eine populäre Theorie geht auf einen Artikel einer Kapstädter Zeitung aus den 1930er Jahren zurück. Es wurde behauptet die Küstenstadt sei die einzige Stadt des Landes, die man als Metropole bezeichnen könne. Abgeleitet von dem griechischen Wort “metros”, was Mutter bedeutet, und “polis”, was Stadt bedeutet, nahm die Öffentlichkeit dies begeistert auf und der Spitzname “Mother City” war geboren. Wie die meisten guten Geschichten vermutlich nicht korrekt, aber eine Variante.
 
Meine persönliche Erklärung ist, dass es etwa 9 Monate dauert, um in der sehr, sehr entspannten Stadt etwas zu erledigen. Nicht nur einmal habe ich Deutsche Urlauber über die sehr entspannten Servicekräfte in Restaurants fluchen hören. Wartezeit um einen Tisch zu erhalten von 2h? keine Seltenheit. Wartezeit auf eine Pizza in einem Lokal mit 9 Personen? 1.5h! 30 Minuten warten bis ein Kellner auftaucht, absolut normal. Kellner taucht nach der Bestellaufnahme genau so wenig auf wie das Bestellte? Urkomisch! Wer in der Hochsaison in Kapstadt essen geht, sollte dies mit einer grossen Portion Geduld und definitiv einem Snack in der Tasche machen.
Beste Köchin
Zu Tisch bitte
The Old Biscuit Mill

Die Strände

Und zu guter letzt, die Strände. Optisch betrachtet, zählen die Strände der Mother City zu den schönsten der Welt. Wir lieben es sonnengebräunt, mit salzigen Haaren auf Sand gebettet zu relaxen und mit dem Musik der Wellen immer wieder einzudösen oder ein gutes Buch zu lesen.
 
Für uns persönlich trüben drei Dinge die Strandidylle rund um Kapstadt. Und es sind nicht die gefürchteten Menschenmassen die man so kennt aus Südspanien, der Italienischen Adriaküste oder auf Floridas Stränden zu Spring break. Ich spreche hier vom Wind, dem eisigen Wasser und der Gestank von auslaufendem Abwasser, das ins Meer eintritt. Letzteres scheint aufgrund des immer stärker werdenden Elektrizitätsproblem des Landes und der sagen wir mal “Müllproblematik” verursacht zu sein. Nicht wie in Durban, wo gut 800 Kilometer Strand und Küste so stark von Abwasser verunreinig wurden, dass ernste gesundheitliche Schäden auftreten können. Wir sind guter Dinge, dass Kapstadt auch diesem Problem beikommt.
 
 
So, mein Kaffee ist mittlerweile ausgetrunken und wir müssen uns beeilen, um nicht unser Flug zu verpassen.
Camps Bay Rock Pool

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Hi, ich bin Jürgen. Die meisten kennen mich als Jay. I know, das kann manchmal verwirrend sein. Wie ich zu meinem neuen Namen gekommen bin, hat mit hunderten falschen Starbucks Bechern, die allesamt mit anderen Namen beschriftet waren, zu tun. So kraftvoll wie in diesen letzten Jahren ist mir das Leben noch nie begegnet und es darf mich nicht wundern, dass ich das Reich von schnellen und unpersönlichen Geschäften und dem Erfüllen der Erwartungen der Gesellschaft hinter mir gelassen habe. Ich habe mein Sakko gegen Wanderkleidung und Shorts getauscht, das Aftershave gegen Insektenspray und mein Auto gegen einen Camper.

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