Die fein gehackten Stücke des Kakao verbreiteten einen intensiven Geschmack auf meinem Gaumen. Intensiv und bitter. Mein Tonbecher war mit flüssigem, braunen Gold gefüllt. Kakao und Wasser. Ich musste schmunzeln, als ich in die Runde sah und die überraschten Gesichter manch anderer Teilnehmer sah. Die meisten Menschen, die das erste Mal 100% Kakao trinken oder essen, verziehen das Gesicht. Kakao ist bitter. Kein Zucker und keine Nüsse oder gar Marzipan in der Mitte. Keine Ähnlichkeit mit der im Süssigkeitenregal angebotenen Schokolade.
Der in der heutigen Zeremonie verwendete Kakao, wurde von Michelle, unserer Zeremonie Leiterin, bereits am Morgen auf einem groben Stein mit einer steinernen Walze, nicht unähnlich eines Nudelholzes, in Handarbeit zermahlen, anschliessend mit Wasser aufgegossen und in einem grossem Tonkrug auf offener Flamme erhitzt. Ein weiterer Blick in die Runde. Etwa zehn Personen saßen im kuppelartigen Bau, den die hier, in dieser Community lebenden Personen, schlicht “Tempel” nannten. Ich kannte die meisten, da diese Kakao Zeremonie eigens für uns organisiert worden war. Wir wollten mit unseren Freunden aus der USA ein besonders und einzigartiges Event erleben und so haben wir uns für eine Kakao Zeremonie entschieden. Einige Urlauber, die in den naturnahen Unterkünften auf dem weitläufigen Gelände einquartiert waren, ergänzten unsere internationale Runde.
"Die meisten Menschen, die das erste Mal 100% Kakao trinken oder essen sind überrascht. Kakao ist bitter und ein Superfood"
Ich konnte sehen, dass in den Bau dieses Temples viele Stilrichtungen und kreative Ansätze vereint wurden. Ein grosses doppelflügeliges Tor, das nun geschlossen war, schien aus dem Holz des Urwaldes gebaut worden zu sein. Es gab Öffnungen in den Wänden in Form eines Ohrs, eines Auges und eines Maya Kreuzes mit einem Herz in der Mitte.
Vier Personen führten uns durch die Zeremonie. Ein Trommler saß gegenüber des Eingangs. Gekleidet in einer traditioneller Kriegerkleidung, ein anderer jüngerer Maya Nachfahre, ebenfalls in traditioneller Kleidung, hatte eine kleine Trommel und mehrere Flöten vor sich aufgebaut. Yor Den Cobos, unsere Priesterin war in weissen Gewändern gehüllt, ihr pechschwarzes Haar zu einem strengen Turm auf ihrem Kopf mit allerlei Ketten und Bänder zusammengebunden und ihr Körper mit kunstvollen und ohne Zweifel bedeutungsvollen Ornamenten bemalt. Michelle, unsere Zeremonie Leiterin war in ein rotes Kleid gehüllt und leitete uns durch die Zeremonie in Englischer Sprache.




"Kakao ist mehr als Schokolade, es ist eine spirituelle Dimension, eine Intelligenz, die wir nicht mit dem Verstand wahrnehmen können, sondern mit dem Herzen, der Intuition und durch Gefühle"

Die Geschichte war zu Ende gesungen und eine Trommel setzte ein. “Boom”, Pause, “Boom”, Pause, “Boom”. Michelle’s wunderbare Stimme ertönte erneut. Laut, verzweifelt und stark. Jemand nahm erneut meine Hand und hielt sie über eine Kerze und führt sie dann zu meinem Herzen, um sie nach einigen Sekunden wieder an die Kerze zu führen und wieder zurück zum Herzen. Wärme zum Herzen zu führen. “Du kannst nicht einsam sein, wenn du die Person magst, mit der du allein bist” schoss es mir durch den Kopf (oder durch das Herz?). Eigenliebe ist so wichtig. Wie können wir von unseren Menschen um uns herum erwarten, uns an erste Stelle zu stellen, wenn wir uns selbst nicht an erster Stelle stellen.



"work on being in love with the person in the mirror who has been through so much but is still standing."
Wir sind die Magie...
Wir umarmten uns, bekannt oder unbekannt. Covid oder kein Covid. Wir waren eine Gemeinschaft. Auch wenn wir andere Ansichten oder Meinungen über dies oder jedes hatten, an diesem Abend waren wir eine Gemeinschaft und als Menschen durch diese Zeremonie vereint. War Magie oder Zauber im Spiel gewesen? Vermutlich nicht. Rolle spielte es keine. Die Magie sind wir, wir Menschen. Alles was es Bedarf, um in einer Gemeinschaft zusammenzuleben ist in uns. Es ist unsere Entscheidung das Richtige zu tun und sich selbst nicht höher zu stellen als seinen nächsten. Denn am Ende des Tages, formen wir diese Welt und unser Leben!



Hinter den Kulissen einer Kakao Zeremonie
Mein Wunsch einer Kakao Zeremonie als Fotograf beizuwohnen, erfüllte sich sehr schnell. Unsere Freundin Waltraud bereitete gerade einen Artikel über eine Kakao Zeremonie vor. Waltraud, ebenfalls eine Langzeitreisende, ebenfalls aus Österreich, hatten wir in Playa del Carmen kennengelernt. Sie war uns schnell ans Herz gewachsen und wurde zu einer guten Freundin. Sie ist Journalistin, hat ihre eigene Kolumne in einem grossen österreichischem Magazin und feiert in einem Monat das Erscheinen Ihres zweiten Buches. Als alleinreisende Frau verdient sie unseren höchsten Respekt. Sie hat nicht den Luxus, den wir auf unseren Abenteuern haben. Wir können jedes Problem stets zu zweit lösen und geht es jemandem von uns nicht gut, so springt der andere ein. Schaut auf Waltrauds Website vorbei und vergesst nicht Ihr Buch zu kaufen.
Waltraud organisierte, dass ich neben der offiziellen Fotoredakteurin auch ich meine Fotos machen durfte. (Liebe Waltraud, vielen Dank erneut für diese grossartige Gelegenheit)
"Lebe, als ob du schon zum zweiten Mal lebst und als hättest du das erste Mal so falsch gehandelt, wie du jetzt handeln wirst." - Viktor Frankl

Hat dir dieser Beitrag gefallen? - Hinterlasst uns ein Kommentar
Nothing is worse than talking to an empty room. The comments section below this post is the perfect place for words of encouragement, asking simple questions, let us know if we missed an important point, or just joining in with your thoughts, experiences, and stories.
Uh, and please don’t forget to share – sharing is the ultimate social love.
Hi, ich bin Jürgen. Die meisten kennen mich als Jay. I know, das kann manchmal verwirrend sein. Wie ich zu meinem neuen Namen gekommen bin, hat mit hunderten falschen Starbucks Bechern, die allesamt mit anderen Namen beschriftet waren, zu tun. So kraftvoll wie in diesen letzten Jahren ist mir das Leben noch nie begegnet und es darf mich nicht wundern, dass ich das Reich von schnellen und unpersönlichen Geschäften und dem Erfüllen der Erwartungen der Gesellschaft hinter mir gelassen habe. Ich habe mein Sakko gegen Wanderkleidung und Shorts getauscht, das Aftershave gegen Insektenspray und mein Auto gegen einen Camper.
2 Comments
Danke, fürs Lesen! Freuen uns, dass dir unser Blog gefallen hat!
Katharina Harms
Vielen Dank für den Bericht - ich fühle die Authentizität