Vancouver Island

Schlechtes Wetter auf Vancouver Island

“Aufgrund der aktuellen Wettersituation, schließen wir heute um 6pm”. Wir tauschten verwunderte Blicke aus, als wir das handgeschriebene Schild am Eingang des Supermarktes sahen. Zugegeben das Wetter spielte in den letzten Tagen verrückt, doch das schien uns ein wenig übertrieben.

Zuerst Regen, dann Wind und jetzt Schnee. Heute war der zweite Tag, an dem es schneite. Keine grossen Flocken und nicht besonders viel, wie wir es aus unserer alten Heimat gewohnt waren, doch ununterbrochen.

Es schien als sei hier niemand auf dieses Wetter und insbesondere den Schnee vorbereitet. Es gab keine Strassenräumung, kein Kies oder Salz wurde gestreut. Die Folge war, dass sich der Schnee von gestern, platt gewalzt von unzähligen Autos, über Nacht in eine allumfassende Eisdecke verwandelt hatte.

Der neue Schnee hatte sich im Laufe des Tages wie eine Decke auf diese Eisplatte gelegt. Etliche Autos standen quer, kamen nicht mehr von der Stelle oder waren etwas weiter gefahren als beabsichtigt. 

Mit unseren Reifen, ohne nennenswertes Profil, waren wir eines dieser Autos. Unsere Fahrt zum Supermarkt war abenteuerlich. Wir mussten eine kleine Steigung auf unserem Weg überwinden, die mir bisher noch nie aufgefallen war. Jetzt mit Schnee und Eis, fühlte ich mich auf eine Skiabfahrt versetzt. Wie ich es als kleiner Junge auf Skiern gelernt hatte, galt nun hier – Augen zu und los.

Wir genossen das Schauspiel, welche Auswirkungen so wenig Schnee auf einer ansonsten schneefreien Insel hatte: Strassenchaos, Dauereinsatz für Rettung, Feuerwehr und Polizei , geschlossene Shops und Schulen. Auch Nina´s Yoga Klassen wurden aufgrund des Wetters abgesagt. Der Fährenbetrieb von und zur Insel wurde immer wieder eingestellt. Wir waren abgeschnitten.


Ein paar Infos über Vancouver Island

ucluelet wild pacific trail

Vancouver Island liegt im pazifischen Nordwesten Nordamerikas. Es ist Teil der kanadischen Provinz British Columbia. Die Insel ist 460 Kilometer lang, 100 Kilometer breit und 32.134 km2 groß. Somit etwas grösser als Belgien. Etwa 800,000 Menschen leben hier.

Der südliche Teil von Vancouver Island hat eines der wärmsten Klimazonen in Kanada. Seit Mitte der 1990er Jahre in einigen Gebieten mild genug, um Oliven und Zitronen anzubauen. Wenn man also im Winter in Kanada sein möchte und kein Fan von Schnee oder -50 Celsius ist, dann auf nach Vancouver Island.


Regen und Wind

Vor dem Disaster mit dem Schnee, beherrschten für Wochen Wind und Regen die Insel. Sturmwarnungen wurden ausgegeben wie Süssigkeiten an Halloween. Die Feuerwehr war im Dauereinsatz, um umgestürzte Bäume von Strassen und so manchem Haus, zu entfernen. An Wanderungen war in dieser Zeit nicht zu denken. Was machen wir eigentlich auf dieser Insel mit diesem ungastlichen Wetter ?


Warum wir hier sind

Canada 3D Sign in Victoria

Als wir vor über einem Jahr nach Japan abgereist sind, hatten wir all unsere Sachen hier auf Vancouver Island zurückgelassen. Auch unser Wohnmobil und unseren Fiat 500, der uns als Tow Car diente (ein Auto, das hinter dem Wohnmobil hinterhergezogen wird), war hier geblieben.

Das Wohnmobil auf einem bewachten Parkplatz, der Fiat, wie auch all unsere Sachen bei unseren Freunden Cathy und Chris untergebracht. Wir fassten den Plan, Alles zu verkaufen. Wir hatten zwar alle unser Dinge bereits seit unserer Abreise auf diversen Plattformen inseriert, doch nur wenige Interessenten haben sich gemeldet. Nur zwei Personen besichtigten das Wohnmobil in diesem Jahr und keiner hat gekauft. Dies sollte sich nun ändern. Wir reduzierten den Preis, führten Reparaturen durch, tauschten Batterien und liessen einen kompletten Check machen. Und natürlich versicherten wir den RV wieder, sodass Interessenten auch eine Probefahrt machen konnten.

Wir entschieden uns ein Airbnb zu nehmen, um das Wohnmobil im leeren Zustand präsentieren zu können. Ein Monat, vieler unseriöser Angebote, einigen Besichtigungen und keiner Probefahrt später, waren wir noch immer Besitzer unseres “Goldi’s” – wie wir unser Wohnmobil vor zwei Jahren genannt hatten. Aus diesem Grund beschlossen wir unser Wohnmobil in die USA zu importieren und diesen dort zu verkaufen. Ein neues Abenteuer begann.


Wir importieren unser Wohnmobil

Our “Goldi” Motorhome

“Ich bin wieder in Kanada”, teilte uns John mit. “Ich habe den RV auf dem Parkplatz eines Freundes abgestellt und fahre nun nachhause” fügte er mit erschöpfter Stimme hinzu. Ich war sprachlos. Ich war an den Seitenstreifen gefahren, das Telefon ans Ohr gequetscht, als hätte ich etwas Falsches verstanden. Mir ging alles Mögliche durch den Kopf. Das kann doch nicht war sein, war der klarste Gedanke. “Was soll das heissen ?”, fragte ich schliesslich. John atmetet schwer und begann zu erzählen.

John war unser Importeur. Nachdem wir einige Tage “gegoogelt” und alle möglichen offiziellen und inoffiziellen Stellen kontaktiert haben, beschlossen wir den Import durch einen Experten durchführen zu lassen. Das hatte einen grossen Vorteil und zwei Nachteile. Der Vorteil war, dass John besser beim Zoll argumentieren konnte als wir. Der Import war zum Teil von der Laune der Grenzbeamten abhängig, egal ob alle Papiere korrekt waren oder nicht. Wir malten uns Szenen aus, in denen der Zollbeamte mit gehobener Augenbraue vor uns stand und uns misstrauisch fragt: “Aha. Ihr seid also zwei Österreicher, besitzt ein kanadisches Wohnmobil und wollt dieses in die USA importieren. Und das für drei Monate Urlaub?”

So wendeten wir uns an John. Die Nachteile waren, John wollte für seine Dienste bezahlt werden und das Wohnmobil musste für 30 Tage auf seinen Parkplatz stehen. Das war eine Vorschrift des DOT (Department of Transportation). 

Ein Woche lange haben wir alle möglichen Unterlagen zusammengestellt und hatten im, um und unter dem Wohnmobil nach diversen Plaketten gesucht. Unzählige E-Mails und Telefonate mit John und dem Wohnmobilhersteller später war schliesslich der Tag des Importes gekommen.

Um 5 Uhr morgens ging’s los. Wir fuhren mit beiden Autos – separat weil günstiger mit der Fähre – nach Vancouver und weiter zu unserem Treffpunkt – einem Pub vor der US-Grenze. Ich erklärte John alle Stauräume ausserhalb und innerhalb des Wohnmobils, sowie die Kombination des Safes und aller anderen Schlösser, falls Zollbeamte das Fahrzeug durchsuchen wollten. Wir waren froh diesen Punkt, nach über einem Monat, von unserer Liste abhacken zu können. 

Unser geplanter Ausflug nach Vancouver fiel buchstäblich ins Wasser. Kaum waren wir vom Pub losgefahren, stürzten Wassermassen (hier Regen genannt) vom Himmel und so beschlossen wir mit der nächsten Fähre zurückfahren. 

Kaum hatte die Fähre abgelegt, klingelte das Telefon. Es war John. Er teilte uns mit, dass der Zollbeamte sich weigerte das Fahrzeug zu importieren. Der Grund war unser fehlender, legaler Status in der USA. Wir hatten keine Ahnung was ein  “legaler Status” war, so sendeten wir John ein Foto von unserem Visum, dass stolz in unserem Pass eingeklebt war. Und starteten unsere 1 1/2 Stunden dauerte Überfahrt – gefüllt mit Telefonate, E-Mails und Nachrichten und Formularen die wir auszufüllen hatten. Insbesondere aller an Board befindlichen Gegenstände und deren Wert. Gerade als wir von der Fähre gefahren waren, klingelt das Telefon. Es war John. “Ich bin wieder in Kanada”…. 

Am Ende des Telefonats wussten wir was wir benötigen. Ein gültiges I-94. Wir hatten keine Ahnung was ein I-94 ist. John auch nicht. Eine kurze Google Suche später wusste ich was ein I-94 ist. Um es kurz zu machen, ein I-94 erhält jeder Nicht-Amerikaner, wenn dieser einreiste. Nicht eingereist, kein I-94. Da wir in Kanada sind und noch nicht einreisen wollten – 30 Tage ohne RV und 30 Tage verloren von unserem Visum – klang nicht verlockend. John hat es verstanden.

Am nächsten Tag telefonierten wir gefühlte hundertmal miteinander. John hatte morgens Kontakt mit dem DOT (Department of Defense) in Washington aufgenommen und sich versichert, dass es gesetzlich keine Probleme gab. Seine Kontaktperson meinte, die Angelegenheit sei ungewöhnlich aber ok. 

Der zweite Anlauf

So fuhr John erneut zur Grenze. Etwa eine Stunde lang in der Schlange stehen für den Import. Drei Stunden Durchsuchung des Wohnmobils und als er mit allen Unterlagen bewaffnet vor dem Grenzbeamten stand – wurde er abgelehnt. 

Warum ? Das Problem waren wir. Der Grenzbeamte unterstellte uns, dass wir beabsichtigen illegal nach dem Ablauf unseres Visums in der USA zu bleiben. Viel Sinn machte diese Anschuldigung nicht. Wir wussten es, John wusste es und vermutlich wusste es auch der Grenzbeamte. Aus diesem Grund sendeten wir den Grenzbeamten eine Absichtserklärung, indem wir bestätigten nach dem Ablauf unseres Visums, die USA zu verlassen.

Die Bearbeitungszeit des E-Mails war länger als der Dienst des Grenzbeamten und so musste unser Importeur seinen Fall vor dem Nachfolger vortragen. Dieser lehnte ihn ab und er wurde zum zweiten mal nach Kanada zurückgeleitet. “That’s a Bummer”

Der nächste Tag, die selbe Prozedur. Eine Stunde in der Schlange, drei Stunden Durchsuchung und Befragung durch den selben Grenzbeamten und dann – ein erfolgreicher Import. John hatte sich sein Pauschalhonorar von 1500 USD redlich verdient. In 30 Tagen könnten wir unser Wohnmobil von seinem Parkplatz abholen. Check.


Was machten wir in der Zwischenzeit

Wie wir zu VISA Experten wurden

Seit wir in Vancouver Island angekommen sind, tauchten wir ein in die Welt der Visas und Aufenthaltsgenehmigungen. Wie konzentrierten uns auf Kanada und die USA. Wir sprachen mit allen möglichen Menschen, die bereits eingewandert waren, haben offizielle Einwanderungsbestimmung gelesen und nutzten zahlreiche Erstgespräche mit Einwanderungsanwälten.  

Wir lernten, dass das Einwandern nach Kanada alles andere als einfach war und es viel Kleingedrucktes gab. Viele Anwälte hatten nur Erfahrung mit einem Typ von Visum und versuchen diesen Typ auf uns anzuwenden. Wir wollten aber nicht als Truckfahrer oder Bäcker einwandern :-). Auch kamen wir aus einem super bürokratischen Land was bedeutete, dass wir keine Unterlagen fälschen konnten, was von so manchen Anwalt vorgeschlagen wurde. Auch alle Tips von Freunden und Bekannten erwiesen sich als falsch.

In der USA sind Vorschriften um einiges klarer formuliert und nicht so verschleiert wie in Kanada, doch die Anforderungen sind hoch. So wurden wir Experten von Visabestimmungen und korrigierten so manchen Einwanderungsberater. Wenn Ihr also Fragen zu Visen in der USA oder Kanada habt, sendet uns einfach eine Nachricht.

Businesskonzept

Zusätzlich arbeiteten wir an einem Businesskonzept, dass wir in der USA denken umzusetzen. Ich musste erst lernen, dass ein Businessplan für eine Einwanderung völlig anders aufgebaut ist wie ein normaler Businessplan. Auch musste ich lernen, dass 20 Jahre Businesserfahrung wenig wert sind, wenn es um ein anderes Land geht. Darstellungen, Kalkulationen, Buchhaltung, Steuern, Versicherungen sind unterschiedlich. Auch die Art und Weise wie potentielle Lieferanten reagierten, insbesondere Versicherungsagenten, ist – sagen wir mal – gewöhnungsbedürftig.

Reiseplanung

Natürlich kam auch unsere Reiseplanung nicht zu kurz. Die Welt ist schliesslich gross und die Liste lange. Ganz oben auf unserer Liste steht nun Südamerika und China. Was meint ihr? Und was steht auf eurer Liste?

Weiterbildung

Was seit längerer Zeit nie zu kurz kam, ist unsere Weiterbildung. Nina beschäftigte sich intensiv mit Ernährung und besuchte zweimal täglich verschiedene Yogaklassen, um ihre Leidenschaft als Yogalehrerin zu vertiefen.

Zusätzlich hatten wir uns vorgenommen jedes Monat etwas Neues zu lernen. Wir absolvieren verschiedene “Masterclasses” unterschiedlichster Themen. 

Ich selbst schlug ein neues Kapitel in der Fotografie auf – Portraitfotografie. Ein völlig neues Thema und herausfordernd. Nun habe ich plötzlich mit Menschen zu tun und Licht war nicht länger vorgegeben – wie in der Landschaftsfotografie – sondern konnte gemacht und beeinflusst werden. Mit Dauerlicht, Blitz, Reflektoren, Backdrops, Diffusor, Umbrellas, Beauty Dishes, V-Flats und noch Vieles mehr. Fantastisch.

Unsere letzten Tage vor dem Ablauf der 30 Tage verbringen wir in Vancouver. 


In diesem Sinne wünsche ich euch allen Alles Gute. Folgt uns auf Instagram oder Facebook, gebt uns Feedback und gaaaanz wichtig – Lebt euer Leben!

Möchtet Ihr mehr über uns erfahren, besucht unsere Über uns Seite.

Hi, ich bin Jürgen. Die meisten kennen mich als Jay. I know, das kann manchmal verwirrend sein. Wie ich zu meinem neuen Namen gekommen bin, hat mit hunderten falschen Starbucks Bechern, die allesamt mit anderen Namen beschriftet waren, zu tun. So kraftvoll wie in diesen letzten Jahren ist mir das Leben noch nie begegnet und es darf mich nicht wundern, dass ich das Reich von schnellen und unpersönlichen Geschäften und dem Erfüllen der Erwartungen der Gesellschaft hinter mir gelassen habe. Ich habe mein Sakko gegen Wanderkleidung und Shorts getauscht, das Aftershave gegen Insektenspray und mein Auto gegen einen Camper.

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