Hi Leute, es ist wieder viel Zeit vergangen seit unserem letzten Beitrag. Nur wenige Instagram Posts oder Facebook Einträge.
Wir sind in Tulum, Mexiko. Etwa 10000 gefahrene Kilometer von unserem Blogeintrag entfernt. Wir sind nicht direkt hierher gefahren – das wäre auch zu einfach gewesen.
Auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen, dass nicht in Angst und Panik vor der Pandemie versank, fuhren wir von Sky Valley, der Wüste Kaliforniens ins wilde Montana. Weiter ins seenreiche Minnosota und dann nach Iowa, um schliesslich erneut die gesamte USA in Nord-Süd Ausdehnung zu durchfahren, um in Texas unser Wohnmobil zu verkaufen. Nach langen und nervenaufreibenden Wochen ging’s weiter Richtung Süden, nach Mexico.
Es ist viel passiert seit unserem letzten Eintrag. Jeden Tag gabs neue Pläne, der Versuch, sich auf den covid Blödsinn einzustellen, war eine füllende Tagesbeschäftigung. Eine Reise zu planen und zu reisen, wenn die ganze Welt unter Lockdown ist, gestaltet sich schwierig
So nun ein kleiner Einblick was bisher geschah
Der Aufbruch von SkyValley

Der ständige Wind und die verrückten Vorschriften rund um covid waren die Gründe die uns zum Aufbruch zwangen. Da war noch etwas, achja die Hitze.
Hast du eine Ahnung wie sich 44 Celsius anfühlen? Es. Ist. Heiss. Es ist so heiss, dass sämtliche Energien verbuffen, wenn du dich nur ein paar Sekunden im Freien aufhältst. Du fühlst Dich schlapp, und völlig energielos. Die Haut fühlt sich nach kurzem an, als würde sie brennen. Du kannst Dich nicht auf den Boden setzen, weil es so heiss ist. Nach 20 Minuten hast du Durst, egal wieviel du gerade getrunken hast.
Wenn wir in unseren kleinen Fiat 500 stiegen, fühlte es sich so an, als würden wir in einen Ofen kriechen. Das Lenkrad war so heiss, dass wir einen Topflappen benötigten, um es zu drehen. Du könntest buchstäblich Kekse im Auto backen. Einfach die Kekse in einer Pfanne an der Scheibe stehen lassen. Die Klimaanlage fühlt sich auch bei voller Stufe nach mehrer Minuten einfach nur heiss an. Alles in allem kein erstrebenswerter Platz zum bleiben. Es ist total schrecklich.
So suchte ich nach einem geöffneten Campingplatz, dem es erlaubt war, Reisende ohne Zuhause aufzunehmen. Das ist kein Witz. Rund eine Million Amerikaner leben Full-Time in einem Wohnwagen. Stundenlang telefonierte ich mit allen möglichen Campingplätzen in Kalifornien, südlich von San Francisco. Das sind eine Menge Campingplätze, das kann ich euch sagen.
Ich fand einen Platz in einem verschlafenen Ort namens Arnold, etwa 8 Fahrstunden von uns entfernt. Wir hatten 2008 das Vergnügen einige Tage in diesem entzückenden kleinen Ort in der Sierra Nevada zu verbringen.
Ich telefonierte mit dem Campingplatz Besitzer und dieser versprach unsere Situation mit dem örtlichen Gesundheitsamt zu klären. Er gab am nächsten Tag grünes Licht und wir freuten uns auf eine grüne und kühlere Umgebung. In wenigen Tagen sollte dann auch die Sperre für den örtlichen See fallen und wir könnten mit unserem Kajak durch das kristallklare Wasser gleiten. Es kam Alles ganz anders….
6 Stunden hin und zurück

Wir brachen früh auf. Am Vorabend hatten wir uns noch von unseren neuen Freunden verabschiedet, die wir im letzten Monat in SkyValley kennenlernen durften.
Unser Weg führte uns durch die Wüste, an tausenden Windrädern vorbei nach Westen, an Los Angeles vorbei, dann nach Norden, Richtung Sacramento. Der Verkehr um Los Angeles war wie üblich. Stoßstange an Stoßstange. Auch covid war gegen die Blechlawine die sich täglich durch, um und innerhalb von LA schob, nicht gewachsen. Nichts schien das jemals ändern zu können.
Nach 6 Stunden Fahrt klingelte das Telefon. Es war der Besitzer des Campingplatzes. Das örtliche Gesundheitsamt hatte es sich anders überlegt. Sie hatten ihm untersagt uns aufzunehmen. Kein Grund. Er entschuldigte sich und beendete das Gespräch. Es schien im peinlich zu sein, sagte aber nichts. Waren den alle verrückt geworden? Wir konnten es kaum glauben. Was nun?
Da standen wir. Am Pannenstreifen des dicht befahrenen Highways. Wir gingen unsere Optionen durch. Vorbei rasende Autos und LKWs brachten unser Wohnmobil zum schwanken. Wir könnten nach Skyvalley zurückfahren. Doch dies würde bedeuten zur Hitze zurückzukehren. Also keine so gute Idee.
Ich kann euch sagen, das sind die Tiefpunkte im Reisealltag. Sechs Stunden umsonst gefahren und keinen Platz zum Übernachten. Walmart und Casino Parkplätze waren ebenfalls geschlossen wie alle anderen kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten in ganz Kalifornien. Der Staat mit der höchsten Paranoia in der USA. Auch viele Truckstops hatten geschlossen und die wenigen die geöffnet hatten, wurden von so vielen Trucks überlaufen, dass kein Platz für Wohnmobilfahrer übrig blieb.
Schliesslich erstellten wir eine Liste aller Freunde in Kalifornien bei denen wir unterkommen könnten. Die meisten hatten keinen Platz für ein Wohnmobil. Andere wiederum waren mit Haut und Haaren den Medien verfallen und hatten das covid Weltuntergangsszenario verinnerlicht. Für sie schien covid wie Ebola zu sein. So lächerlich es auf der einen Seite war, so schmerzlich war es auf der anderen. Der Widerspruch eines vermeintlich klugen und lieben Menschen mit dieser unverhältnismässigen Angst zu vereinen, war nicht einfach zu akzeptieren.
Wir trafen schliesslich eine Entscheidung. Wir würden zuflucht bei Freunden in Montana finden. Die beiden hatten uns schon vor Wochen einen sicheren Hafen angeboten. Also los – eine 23 stündige Fahrt lag vor uns. Wir würden alleine 4 Stunden den Weg, den wir gekommen waren zurückfahren, dann würde es über die Bundesstaaten Nevada, Utah und Idaho immer Richtung Norden nach Montana gehen.
Wir dachten gleich weiter. Montana liegt an der Kanadischen Grenze. So planten wir den Sommer in Kanada zu verbringen, sobald die Grenzen wieder öffnen würden. Ein guter Plan dachten wir uns. Wir hatten ja keine Ahnung.
Ein ausgestorbenes Las Vegas
Gegen Mitternacht erreichten wir Nevada. Wir waren seit 15 Stunden unterwegs und völlig erledigt. Die üblichen Parkplätze, die für eine Übernachtung geeignet waren, hatte alle geschlossen. Entweder war die Einfahrt verbarrikadiert oder ein Sicherheitswagen stand dort und sorgte dafür, dass niemand den Parkplatz nutze. Wir versuchten eine unbefahrene Seitenstrasse, wurden jedoch von einer Polizeistreife wenig später verjagt. Mit Augen auf Halbmast fuhren wir weiter – direkt durch Las Vegas.
Was für ein Bild. Kein Autos oder Menschen auf den Strassen. Nichts und Niemand. Müll lag überall, Plastiksäcke flogen getrieben durch den warmen Wüstenwind geräuschlos über die Strassen. Casinos, Hotels, Restaurants, einfach alles hatte geschlossen. Manche Hotels hatten auf ihre riesigen Glasfronten Nachrichten geschrieben. Wie? Mit der Beleuchtung in den Zimmern. So stand beispielsweise auf einem “Hope” auf einem anderen “Together” wieder auf einem anderen war ein Herz abgebildet. Wir konnten es nicht glauben. Die Endzeitstimmung war unfassbar. Wie in einem dieser distopischen Hollywood Filme. In Vegas alleine haben 200.000 Menschen binnen weniger Wochen ihren Job verloren. Die grossen Hotels zahlen ihre Angestellten trotz keiner Arbeit weiter. Um euch eine Grössenordnungen zu geben: MGM alleine hat 83.000 Angestellte, Das Wynn Resort 30.000, Caesars Palace 65.000 und so weiter.
Eine Stunde ausserhalb von Las Vegas fanden wir schliesslich einen Platz auf einer Tankstelle zwischen hunderten LKWs. Wir waren todmüde und ich schlief trotz der noch immer herrschenden 32C Hitze ein, noch bevor mein Kopf das Kissen berührte. Nina blieb noch lange wach. Zuviel war an diesem Tag passiert.
Durch Utah mit ausgeschaltetem Mobiltelefon

Utah, Heimat von unglaublichen Naturschätzen wie Zion Nationalpark und Bryce Nationalpark, hat sich während covid etwas ganz besonderes einfallen lassen.
Bei Überquerung der Grenze registrierten die Mobilfunkmasten, dass jemand den Staat befahren hat. Dieser erhält dann sogleich eine Willkommens SMS mit der Aufforderung sich online zu registrieren. Die Registrierung beinhaltet den Ort der 14 tägigen Quarantäne, die Lösung die man für die Nahrungsversorung während der Quarantäne erdacht hat (Freund, Bekannter, online Bestellungen, Zustellung mit Eulen, etc.) und noch einiges mehr. Registriert man sich nicht, so wird das Mobiltelefon aufgespürt und hohe Strafen winken dem Besitzer. Mit dieser Aussicht, nahmen wir die SIM-Karte aus dem Telefon und schalteten das liebe Ding für unsere 8 Stunden Durchquerung einfach aus.
Utah gilt als perfekter Spielplatz der Natur. Heimat von 14 Nationalparks und Denkmälern. Süd-Utah ist geprägt von roten Felsen, sorbetfarbenen Spindeln und einer scheinbar endlosen Sandsteinwüste. Die mit Kiefern bewaldeten und schneebedeckten Gipfel der Wasatch Mountains dominieren Nord-Utah. Eingebettet sind alte Hinterlassenschaften von Pionieren, alte Felsmalereien und Ruinen, sowie Spuren von Dinosauriern (alle tot). Vom pulsierenden Nachtleben und der progressiven Restaurantszene in Salt Lake City (SLC) und Park City merken wir dieses mal sehr wenig.
Wir stoppten lediglich für ein Abendessen am berühmten Salzsee, nur wenig ausserhalb von SLC. Wir hätten gern unseren Freund Walter in Salt Lake City besucht, doch die Gefahr entdeckt zu werden, war uns zu gross.
Durch Idaho

Wie gerne hätten wir Idaho unter anderen Umständen gesehen. Es ist wohl das am meisten unterschätzte Reiseziel im Westen der USA. Eingequetscht zwischen Oregon und Montana weisst dieser riesige Bundesstaat 114 Gebirgszüge mit den schroffesten Bergen in den lower 48 auf. Über 60% des Staates ist öffentliches Land. Mit einem ausgewiesenen Wildnis Gebiet von der Grösse, die der Hälfte von Belgien entspricht, ist es einfach atemberaubend.
Wir stoppten im kleinen Ort West-Yellowstone. Der normalerweise so belebte und charismatische Ort am Westeingang des berühmtes Yellowstone Nationalparks, empfing uns mit misstrauischen Blicken und Bergen von Schnee. Wir waren froh die Strassen schneefrei bei der Weiterfahrt vorzufinden. Unser Wohnmobil war kein Freund von Schneefahrbahnen. Die nächsten Stunden fuhren wir durch eine Winterlandschaft. Am Strassenrand standen immer wieder Büffel. Einmal entschloss sich eine Büffelfamilie mitten in der Strasse stehen zu bleiben und uns zu beobachten. Wir starrten zurück. Ein Schauspiel der Natur, das wir sehr genossen.
Montana und ein wenig Freiheit

Schliesslich nach drei Tagen Fahrt erreichten wir Bozeman in Montana und somit unsere Freunde Mark und Janel. Wir parkten direkt neben ihrem Haus mitten in einer Wohnsiedlung in Bozeman. Mark hatte einen Wasser- Strom und Kanalanschluss für uns. Die beiden empfingen uns wie Familie. Und so fühlten wir uns auch. Es war schön.
Die nächste Tage verbrachten wir im Kochwahn. Jeder von uns zauberte ein Gericht nach dem anderen. Ob Steak, Lachs, Brotlose Burger, Pho, Ramen, einfallsreiche Salate, Kuchen und viele andere Dinge. Es war ein Fest. Dazu gabs Marks selbst gemachten Espresso, der durchaus als italienischer Espresso durchging. Einen solchen Espresso in der USA zu finden, war etwa so selten wie einen Kuchen ohne Zucker. Zwischen den Mahlzeiten erkundeten wir die Stadt die fast schon normal wirkte. Restaurants und Cafes hatten wieder geöffnet und wir konnten uns ohne den lästigen Mundschutz bewegen. Ein gutes Gefühl.
Schlaflosigkeit und schlechtes Wetter
Wir fühlten uns wohl in Bozeman. Was wir nicht bedacht hatten – Bozeman liegt auf 1500 Meter Seehöhe. Nina hatte Probleme mit Schlafen ab gewissen Höhen. Eine Art Mini-Höhenkrankheit. Der Schlaf nahm in den nächsten zwei Wochen immer weiter ab und so entschlossen wir uns schweren Herzens abzureisen. Es gab eigentlich nur zwei Richtungen. Richtung Westen, nach Oregon/Washington oder nach Osten Richtung South Dakota. Aufgrund der covid-Verrücktheit in Washington und Oregon entschlossen wir uns, ins freie South Dakota zu fahren. Der frische Schnee und die kühlen Temperaturen erleichterten uns die Abreise.
Unser Weg in die Boundary Waters
Unser erstes Ziel war der Badlands Nationalpark, der vor wenigen Tagen seine Pforten für Besucher geöffnet hatte. Die Landschaft des Badlands National Park ist ein Spektakel aus steilen Wänden und Stacheln, die in die normalerweise trocken Luft stechen. Als wir ankamen regnete es wie aus Eimern. Von den amerikanischen Ureinwohnern wurde das Land “Mako Sica” (Badlands) genannt. Die bizarren Formationen und die gewellten Wänden rund um den Park gleichen einem Ozean, der über tausende Jahre ausgetrocknet ist.

Das Tollste am Reisen passiert immer dann, wenn Menschen ohne Angst miteinander reden und sich frei bewegen. Wie diesesmal staunend an einem Stop mitten im Badlands Nationalpark. Wir lernten neue Menschen kennen. Diesesmal ein Paar aus Colorado. Wir quatschten, tranken Tee und assen selbstgemachten Kuchen, gefolgt von einer Yoga Session. Wunderbar.
Nach zwei Tagen reisten wir ab. Beim Googlen nach einem Naturerlebnis möglichst ohne Quarantäne stiess ich auf die Boundary Waters im Norden von Minnesota. Die legendär abgelegene und unberührte Boundary Waters Canoe Area Wilderness (BWCAW) ist eine der weltweit führenden Paddelregionen und steht schon lange auf meiner Liste. Mehr als 1000 Seen und Bäche “beflecken” die kieferne, 1,1 Millionen Acres/Morgen große Fläche. Naturliebhaber wie wir pilgern aus der ganzen Welt um auf den 1500 Meilen langen Kanurouten, der reichen Tierwelt Einsamkeit zu suchen. Unterwegs mit dem Kajak gibt es nur uns, Elche, Bären, Wölfe und die berühmten Loons. Auf gehts.
Reifenplatzer

Etwa zwei Stunden vor Minniapolis und fünf Stunden vor unserem Ziel, platzte ein Reifen an unserem kleinen Fiat. Sowas hatte ich noch nie gesehen. Der Reifen war in Fetzen und es schien als wäre er explodiert. Es fehlten grosse Stücke. So machte ich mich am Strassenrand daran den Reifen zu wechseln. Ich stellte schnell fest, dass der Ersatzreifen, der unter dem kleinen Fiat angebracht war, sich nicht abnehmen liess. Die Vorrichtung war defekt. Wie ich später nachlass, ist dies ein weit verbreitetes Problem bei diesen kleinen Fiats.
So blieb nur, den Reifen abzunehmen, und mit dem Wohnmobil zu einem Reifenhändler zu fahren. Diese könnte dann einen neuen Gummi auf die Felge anbringen. Die Idee war gut, die Umsetzung liess zu wünschen übrig. 36ig (!!) Telefonate später fanden wir den einzigen Shop, der die richtige Dimension für den kleinen Fiat hatte – der Fiat Händler in Minneapolis – 2 Stunden entfernt.
So fuhren wir mit unserem Wohnmobil 2 Stunden nach Minneapolis, um den passenden Reifen zu holen. Der Fiat blieb inzwischen am Pannenstreifen zurück. 7 Stunden später wechselten wir den Reifen und fuhren erneut nach Minneapolis. Wir sind inzwischen schon Meister in Problemlösungen!
Der Händler riet uns auch die anderen Reifen zu tauschen, da das Metall schon sichtbar war. So liessen wir den kleinen Fiat zurück und setzten unsere Reise zur Boundary Waters ohne unseren roten Flitzer fort.
Das genau zu dieser Zeit die #blacklifematters Bewegung seinen Ursprung nur eine Meile von uns entfernt nahm, wusste wir nicht. Ohne News ist das Leben einfach besser.
Boundary Waters Canoe
7 Stunden Fahrt, einem Online Permit für die Wilderness Area und einer Angler Lizenz später, bauten wir unser Kajak am einem Parkplatz unter heftigen Moskitoattacken zusammen. Nach einer Nacht am Parkplatz gings im Morgengrauen des nächsten Tages los.
Zwei Wochen Wildniss. Unser Kajak glitt durch den morgendlichen Nebel, der sich auf dem See breit gemacht hatte. Für unseren Trip waren wir gut ausgerüstet. Unser grosses Zelt, eine feine Luftmatraze, Schlafsäcke und eine Tonne Lebensmittel. Mein Plan war uns mit einer 18 Dollar Angel, die ich im Walmart erstanden hatte, zusätzlich mit frischen Fischen zu versorgen. Wir fanden einen Campingspot auf dem wir unser Lager für die Nacht aufschlugen. Es gab eine Feuerstelle und aufgestapeltes Holz. Es war herrlich. Wir beschlossen erstmal hier zu bleiben. Natur pur.
Dann droschen wir die Paddel in den schwarzen See und erkundeten die Gegend. Hier gab es Wildniss. Nur uns, ein paar andere Paddler und Fischer, Elche, viel Wasser und der Schrei des Loons. Es war herrlich.
Unfall und Krankenhäuser
Wir blieben zwei Nächte. Am Morgen des dritten Tages, ich war gerade am Fischen, als ich einen lauten Schrei hörte. Nina. Ich lief zu unserem Lager und fand sie wimmernd am Boden liegend. Sie war gestützt. “Ich habe mir den Fuss gebrochen”, schrie sie. Fuck, dachte ich. Wir waren inmitten der Boundary Waters, stunden von jeder Zivilisation entfernt.
Ich trug sie zum Wasser um den Fuss zu kühlen. Sie schrie auf vor Schmerzen als ich sie hochhob. Ihre Hüfte und ihr Nacken schmerzte. Ich ging alle Optionen durch. Nina in das Kajak zu packen zu unserem Wohnmobil zu fahren und dann eine Klinik zu finden, die uns in covid Zeiten nehmen würde, könnte Stunden dauern – im besten Fall.
Ich stieg auf den grossen Felsen, der unseren Campingspot beschütze und sah mich um. Dann sah ich ein Fischerboot. Ich schrie “we need help!” und winkte mit beiden Armen über meinen Kopf. Das Boot reagierte unglaublich schnell. In nun 5 Minuten hatten sie den Motor angeworfen und kamen zu unserem Campplatz. “Was ist passiert?”, fragt einer der Vier. Ich schilderte die Situation. Sie würden uns helfen – das war selbstverständlich.
Zu dritt hoben wir Nina vorsichtig auf das Boot. Ich packte noch schnell das Mobiltelefon und unsere Kreditkarte und dann rasten wir auch schon durch die Seenlandschaft. Nach nur 40 Minuten erreichten wir die Lodge. Uns erwartete bereits ein Krankenwagen. Einer der Helfer hatte dies mit seinem Funkgerät organisiert.
Gemeinsam mit den Sanitätern, schoben wir die portable Liege unter Nina und trugen sie in den Krankenwagen. Als nächstes erhielt sie eine Gesichtsmaske. Covid Vorschriften. Nate, einer unserer Retter schrieb mir noch schnell seine Nummer auf und dann fuhren wir auch schon los. Auf dem Weg zur Notaufnahme kontaktierte ich unsere Reiseversicherung. Ich hatte Angst, dass aufgrund von covid der Versicherungsschutz erloschen war. Seit zwei Monaten hatte ich versucht eine Antwort von unserer Versicherung zu erhalten. Vergebens. Die gute Nachricht – wir waren versichert.

Die Person, die meinen Anruf entgegennahm war unglaublich. Freundlich, verständnisvoll und professionel. Nur eine halbe Stunde nachdem wir im winzigen Krankenhaus in ELY (gesprochen eeelllliiii) angekommen waren, hatte ich bereits eine Versicherungskarte. Es gibt manche Krankenhauser in der USA die keine Behandlung durchführten, wenn keine Versicherungskarte vorlag. Dies war zwar keines davon, aber ich war froh, dass alles so gut organisiert war.
Ich durfte nicht mit Nina in die Notaufnahme – covid Vorschriften. So sass ich mit George, einem 90ig Jährigen im Warteraum. Er hatte ebenfalls seine Frau in die Notauffnahme gebracht und hatte Angst um sie. Sie waren seit 70 Jahre verheiratet. 70ig Jahre! Das war unfassbar. Hatte ich jemals Gedanken, dass ich nur so wenige Jahre in meinem Leben hatte, George zeigte mir, dass noch viele Jahr vor mir lagen.
Nach zwei Stunden kam eine Schwester und informierte mich, dass nichts Schlimmes passiert war. Diagnose: Nichts. Wir sollen einfach Alles schonen und wenn es nicht besser werden würde, sollen wir in ein anderes Krankenhaus fahren.
Zwei Angestellte des Krankenhaus fuhren uns mit dem Privatauto zu unserem Wohnmobil, da Taxiunternehmen nicht arbeiten durften und mindestens eines davon bereits pleite war.
Ich trug Nina auf die Coach, kochte ihr etwas zu essen und “hitchhikte” mit dem nächsten Fischerboot zurück auf unsere Insel.
Als ich zur Bootrampe kam, kehrte gerade ein Fischerboot mit drei älteren Männern zurück. Ich erklärte die Situation und bat mich zu unsere Insel zu bringen. Sie erklärten sich umgehend einverstanden. Zwei stiegen aus und wünschten mir Alles Gute. Dem Dritten zeigte ich auf der Karte wo unser Insel war – so ungefähr. Wir fanden sie nach einige Versuchen. Er verabschiedete sich und wünschte Fairwell.
Ich setzte mich für ein paar Minuten auf unseren Felsen und dachte über den bisherigen Tag nach. Ein Erlebnis, von dem ich noch lange zehren würde. Was der Unfall für unsere weiter Reise bedeuten würde, wusste ich nicht. Es würde auf jeden Fall alles komplizierter machen, vor allem in einem vor Angst erstarrtem Land. Eine unmittelbare Problem war, dass Campingplatze erst in einer Woche in Minnesota öffnen würden. We’ll cross that bridge when we get there.
Doch anstatt sich über eine Situation zu wundern, die ich nicht ändern konnte, blickte ich nach vorne. Und so baute ich unser Zelt ab und räumte unseren wundervollen Lagerplatz. Ich würde den Schrei des Loon vermissen, da war ich mir sicher. Dieser Schrei ist der verbale Ausdruck von Wildnis für mich. Nach eine Stunde drosch ich die Paddle in das beinahe schwarze Wasser des einsamen Sees und kehrte zum RV zurück.
Es dauerte bis spät in die Nacht, bis ich alles wieder im Wohnmobil verstaut hatte. Trotz Deet (ein Teufelszeug gegen Moskitos) hatte ich mindestens dreißig Stiche. 29 davon auf der Stirn. Wir übernachteten erneut auf dem Parkplatz.
Die nächsten zwei Tage verbrachten wir in einem Camp für Veteranen. Es war technisch gesehen kein Campingplatz und so lies uns der Besitzer dort übernachten, nachdem er unser Geschichte gehört hatte. Es stellte sich heraus, dass es auch die Lodge unserer vier Retter war. Zum Dank gabs einen Wiener Apfelstrudel und eine Flasche Wein von uns.
Duluth – eine seltsame Stadt

Nach zwei Tagen war der Fuss von Nina auf die dreifache Grösse angeschwollen. So fuhren wir ins nächste Krankenhaus nach Duluth, drei Stunden von uns entfernt. Duluth ist ein Abenteuer für sich, das ich hier ein wenig näher beschreibe.
Wir fuhren bei sonnigen 32C in Ely los und erreichten drei Stunden später Duluth bei bewölkten 12C. Unser Navigationsystem führte uns direkt zum St. Lukes Krankenhaus. Ein aus mehreren Gebäuden bestehender Komplex in Mitten der Stadt.
Ich hielt direkt vor der Notaufnahme, die auf die Strasse hinausführt. Somit hielt ich mitten in der Strasse und blockierte den Verkehr. Ich trug Nina in die Notaufnahme, dann sprang ich wieder ins Wohnmobil und suchte nach einem Parkplatz. Ich fand keinen. So fuhr ich auf den Walgreen Parkplatz und fragte beim Manager ob ich hier stehen durfte. Er bejahte sofort als er meine Geschichte hörte. Dann spurtete ich Richtung Notaufnahme davon.
Ich traf Nina unverrichteter Dinge in der Notaufnahme wieder, ich wurde nach fünf Minuten gebeten das Krankenhaus zu verlassen – Covid vorschrift.
Ich erkundigte mich beim Hinausgehen, ob sie einen Parkplatz hätten, der für unser Wohnmobil geeignet wäre. Ein Sicherheitsbeamter lotste mich auf den Angestellten Parkplatz. Er warnte mich, das Wohnmobil nicht unbeaufsichtigt zu lassen, es gäbe hier finstere Gestalten. Wenn ich mich unsicher fühlen würde, soll ich den Security Dienst des Krankenhauses kontaktieren. Ich hoffe es würde nicht dazu kommen und wir könnten noch heute Nacht aufbrechen – ich hatte ja keine Ahnung.
Zwei Stunden später klopft ein Security Mann am RV. Nina wäre jetzt zum Abholen, sie hätte einen Termin für morgen. Wir können an einem bewachten Parkplatz übernachten. Ich holte Nina ab, trug sie in den RV und folgte dem Security Mann, der uns zu Fuss auf der leeren Strasse zum bewachten Parkplatz führte. Direkt neben dem Parkplatz war eine baufälligen Kirche. Die Fenster waren mit Holzplanken vernagelt und im verfallenen Eingangsbereich hatten es sich ein paar Obdachlose bequem gemacht. So mit Einkaufswagen und Zelt – wie sich das eben gehört.
Am Morgen trug ich Nina vom Parkplatz in die Klinik und setzte sie in einen Rollstuhl. Heute musste ich nicht die Klinik verlassen – neues Personal. Ein Security Mann führte uns durch das gesamte Klinikgebäude zum Termin. Dort gaben wir wieder alle Daten an und Nina musste neu “aufgenommen” werden. Als wären wir in einer anderen Einrichtung. Eine Stunde später sahen wir den Arzt, der mit einem Visir und einer Maske den Untersuchungsraum betrat. Er sah aus, als wäre er von einem Sonderkommando der US Army. Die ganze Situation war surreal und irgendwie urkomisch. Während Steve mit uns sprach lief sein Visir an. So konnten wir ihn nicht mehr sehen und ich war mir recht sicher, dass er uns auch nicht mehr sehen konnte. Verstehen konnten wir ihn auch nicht, da er erstens seine dicke schwarze Maske aufhatte, die mehr wie ein Neoprenanzug aussah und dann noch seinen Visirhelm darüber.
Und so untersuchte er Ninas Knöchel. Er meinte das selbe wie der Arzt in Eeeeelllliiiiii – alles gut. Schonen und warten. Wir forderten ein MRT. Er war nicht erfreut. Es ging um die Kosten. Die zuständige Person für Versicherungen würde sich mit unserer Versicherung kurzschliessen und das abklären. Mit einer anderen Person mussten wir dann den Termin vereinbaren. Steve wünschte uns einen schönen Tag und tastete mit seinem angelaufenen Visir nach draussen.
Den MRT Termin erhielten wir um 21 Uhr abends. So warteten wir auf unserem Parkplatz. Ich ging einkaufen – zu fuss. Der halbstündige Fussmarsch bis zum Grocery Store war ein Abenteuer und ein Erlebnis.
Wenn ich die Stadt in ein Wort fassen müsste, wäre es wohl “herunterkommen”. Doch da war noch mehr. Um ein Bild zu malen:
Nachdem ein schlimmer Virus (ich meine ein wirklich, wirklich schlimmer Virus) 99.9% der Menschheit ausgelöscht hat waren Zombies in die Stadt gezogen. Diese hätten dann das letzte bisschen Leben aus der Stadt gesaugt und waren dann einfach verschwunden. Übrig blieb eine Ansammlung heruntergekommener Häuser und ein paar Überlebende, die in ihren Schaukelstühlen hinter provisorischen Gittern sassen und leblos auf die Strasse schauten. Auf der Bushaltestelle kurz vor dem Store, hatten Obdachlose in einem alten BBQ Grill Feuer gemacht und wärmten sich dort. Willkommen in Duluth.
Nach dem MRT schliefen wir erneut auf dem Parkplatz. Es war fast völlig ruhig. Es fuhren keine Autos und auch die Bewohner der abrissreifen Kirche schienen zu schlafen – oder waren unterwegs, um Hunde zu essen.
Am Morgen lag der Befund vor. Bänderriss, zwei angerissen, eines komplett durch, plus Knochenbruch. Tiefpunkt. Was nun. Die Behandlung nach USA Model sah keine Operation vor, die Behandlungsmethode von unserer alten Heimat, vermutlich eine Operation, oder nicht, das kann man nicht so genau sagen. Wir bekamen viele Meinungen von unterschiedlichsten Ärzten. Einige waren sich alle darin, dass Bänder nicht mehr operiert werden würden.
Auf in den Mittleren Westen – You betcha!

Nie hätten wir gedacht, dass wir den Bundesstaat Iowa sehen würden. Iowa war bekannt für, für, mmh,…nun ja eigentlich für Nichts. Warum also nach Iowa? Unsere Freunde Mark und Janel, die uns bereits Unterschlupf in Montana gegeben hatten, halfen uns erneut und luden uns zu Ihnen nach Okoboji ein. So verbrachten wir zwei Wochen in Okoboji und machten neue Freunde.
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